Prisma

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Architekt: Auer + Weber + Partner, Stuttgart
Ing.-Büro: HL-Technik AG / Beratende Ingenieure, Frankfurt
Bauherr: HOCHTIEF Projektentwicklung GmbH
Fertigstellung: 2001
Adresse: Hahnstrasse 55, Frankfurt-Niederrad

Das nennt man wohl Dialektik des Fortschritts: „Low-Tech“ ist nicht das Gegenteil von „High-Tech“, sondern eher seine Steigerung. Das gilt zumindest für die Gebäudetechnik, die in modernen Bürohäusern zum Einsatz kommt und sich natürliche Klimagegebenheiten zunutze macht. Mit dem „Prisma“ hat der Baukonzern Hochtief ein solches Niedrig-Technik-Haus fertiggestellt. Das „Prisma“ soll vorführen, daß ökologische und wirtschaftliche Gründe für ein „Low-Tech“-Haus sprechen – anders gewendet: dass immer mehr Verzicht auf Technik technisch machbar ist.

Das markante elfgeschossige Gebäude an der Lyoner Straße in Frankfurt wurde von den Stuttgarter Architekten Auer + Weber entworfen. Die drei Gebäudekörper umfassen ein ebenfalls dreieckiges riesiges Atrium, das mit einem Glasdach geschlossen ist. Zum Atrium hin sind auch die Erschließungskerne mit Treppen und gläsernen Aufzügen ausgerichtet. Stählerne Brückenstege, deren Linien sich spektakulär im Raum schneiden, verbinden die Gebäudeteile in den oberen Etagen miteinander.

Zum „Low-Tech“-Haus wird das „Prisma“ durch seine Klimatechnik: Auf eine Klimaanlage haben die Architekten verzichtet, statt dessen dient das Atrium als Klimapuffer. Für die beiden in nördlicher Richtung ausgerichteten Gebäudeteile wird zur Kühlung im Sommer wie zur Erwärmung im Winter die relativ stabile Temperatur des Erdreichs genutzt. In rund zehn Metern Tiefe unter dem Bürogebäude befindet sich ein 216 Meter langer und 15 Meter breiter Erdkanal, in dem das ganze Jahr hindurch eine Temperatur von 12 bis 13 Grad herrscht. Durch die mannshohe Röhre wird im Sommer warme Frischluft geleitet und abgekühlt. Sie gelangt dann über das Atrium in die Büros, von wo aus sie über sogenannte Solarkamine abgeführt wird.

Im Winter wird die kühle Außenluft im Erdkanal dagegen erwärmt. Reicht die Heizkraft nicht aus, wird zusätzlich ein Heizgerät benutzt. Über den Solarkamin gelangt die Luft in die einzelnen Büros. Aus den innenliegenden Räumen wird sie durch Öffnen von Fenstern in die Halle entlassen, aus den außenliegenden Büros führen Luftröhren in das Atrium. Von dort entweicht die verbrauchte Luft in die Atmosphäre.

Die Temperatur und Frischluftzufuhr für die Büros des südlichen Gebäudeteils werden dagegen durch eine Doppelfassade reguliert, die gleichzeitig auch als Lärmschutz dient. Im Winter sorgt Sonneneinstrahlung für eine Aufheizung des Zwischenraums zwischen innerer und äußerer Fassade. Die von unten einströmende Luft wird dort erwärmt, steigt auf und wird über Fenster und Luftröhren in die einzelnen Büros geführt. Die verbrauchte Luft wird in diesem Fall über die Halle abgeführt. Im Sommer wird umgekehrt die kühle Luft, die über den Erdkanal ins Atrium gelangt, auch in die Büros des südlichen Gebäudeteils geleitet. Sie tritt dann über die Doppelfassade aus.

Besonders mit Wärmequellen belastete Räume werden außerdem durch die sogenannte Betonkernaktivierung gekühlt: Dabei sorgt kaltes Wasser in den Decken für eine Kühlung der darunterliegenden Räume. Das Klima in der Halle wird zusätzlich durch eine 2.500 Quadratmeter große Wasserfläche reguliert. Ein Wasserfall schluckt die Geräusche, sorgt aber auch für einen kleinen Showeffekt. „In Niederrad muß man etwas bieten, um die Mieter zu gewinnen“, sagt Oliver Orthey, Projektmanager bei der Hochtief Projektentwicklung.

Klimatechnisch gesehen, herrscht im „Prisma“ an 70 Prozent der Tage Sommer, da Menschen und Maschinen zusätzliche Wärmelast bringen. An all diesen Sommertagen wird die Nachtkälte für eine Auskühlung des ganzen Hauses genutzt. Um die Kühle besonders gut zu speichern, sind die Betondecken unverkleidet.

Das Klimakonzept wurde vom Stuttgarter Unternehmen Transsolar entwickelt. Im Maßstab 1:1 wurde ein Modell von drei Büros errichtet, um die Funktionalität zu prüfen. Da ein solches Konzept bisher nicht in der Praxis erprobt werden konnte, wird derzeit noch an der Feinabstimmung gearbeitet.

Auch hinsichtlich flexibler Raumeinteilungen hat das „Prisma“ für Hochtief Vorbildcharakter. So können klassische Zellen- oder Großraumbüros eingerichtet werden, aber auch sogenannte Kombibüros, bei denen die Zellen zugunsten eines breiten Flurs verkleinert werden. Der Lichteinfall in die Büros wird über sogenannte Lichtlenklamellen auf dem Dach und in den Fenstern gesteuert. Sie lassen sich in verschieden Segmenten so einstellen, daß die Computerarbeitsplätze verschattet werden, über die weißen Decken jedoch das natürliche Licht indirekt und möglichst stark im Raum verteilt wird.

Quelle: www.buero-forum.de

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